Mit Ryanair nach La Palma
Bremen - Kanarische Inseln für 25 €? - ein Erfahrungsbericht
Kanarische Inseln heißt in diesem Fall Gran Canaria, auch wenn die
Reise weiter nach La Palma geht, aber das ist zu diesem Preis
natürlich nicht zu machen.
Ja, Sie haben richtig gelesen, möglich ist das nach dem Muster der
allseits beliebten Kaffeefahrten durchaus. Sie müssen weder
Heizlüfter noch Wolldecke kaufen, auch wenn die Werbung für
Rubbellose an Bord einer Airline doch etwas eigentümlich anmutet.
Aber fangen wir einfach mal ganz von vorn an. Als Internet-Junkie
entschließe ich mich also das begrenzte Risiko eines
Online-Ticketerwerbs bei Ryanair für knapp 18 € einzugehen und mache
mich als norddeutscher Fischkopp natürlich an die Buchung Bremen
-Gran Canaria. Von dort komme ich dann schon irgendwie weiter denke
ich mir.
Gepäck brauche ich nicht extra, denn die Handgepäckmasse von
20x40x55cm erscheinen mir durchaus großzügig - ich habe doch da
zufällig noch eine alte Delsey-Koffertasche mit exakt diesen
Abmessungen im Keller-
auch ein Maximalgewicht desselben ist ja auch nicht gerade
kleinlich, zumal der besagte Taschenkoffer nicht einmal ein Kilo auf
die Waage bringt. Für den scharfen Rechner sind das 9 Kg Zuladung,
ein normaler Koffer wiegt ca. 3-4 Kg, was einer Nettozuladung von 16
Kg bei Air Berlin oder Condor entspricht - und die sind ja ziemlich
kleinlich bei genauen Kontrolle diese Gewichts geworden. Davon kann
inzwischen ja so der eine oder andere "Nachzahler" ein Lied singen.
In meinem Colombo-Trenchcoat nehme ich dann noch den Fotoapparat,
Handy, Ladegeräte, Filo, Buch und Fön mit, dann laufen erst mal alle
schweren Utensilien an der Waage vorbei und ich komme bestimmt auf
15 Kg, auch wenn der Mantel ein wenig beult. Mensch bin ich schlau
:-)
Die erste Überraschung ist allerdings die Zahlungsmodalität. Mit
Kreditkarte zahlen muss ich schon, anders geht´s ja nicht, dumm nur,
dass das dann noch mal 6 € extra kostet, also ca. 35 % Aufschlag
:-). Ist aber zu verkraften, ich liege immer noch unter 25 €.
Und nicht vergessen: Unbedingt die Bordkarte rechtzeitig zuhause
ausdrucken, das schlägt sonst mit 40 € am Terminal zu Buche! Genau
wie das übergewichtige oder zu große Handgepäck!
Weil ich ganz gern rechtzeitig vor Abflug am Terminal bin mache ich
mich rechtzeitig auf den Weg und bin 2 Std. vor Abflug in Bremen -
es ist hilfreich zu wissen, dass Ryanair das Terminal E exklusiv
benutzt. Exklusiv aber bitte so zu verstehen, dass die
Fluggesellschaft der einzige Nutzer des ehemaligen Frachtterminals
ist. Entsprechend versprüht selbiges auch den Charme einer
Bahnhofshalle, letztlich fehlt es aber weder an Toiletten noch an
einem sehr überschaubaren Duty-Free, der immerhin als Tageszeitung
den dort obligatorischen Weserkurier anbietet. Die
Lautsprecherdurchsagen sind auch ohne Altersschwerhörigkeit nicht zu
verstehen, zum Glück bin ich aber flugerfahren und nicht blind und
finde mich schnell zurecht.
By the way, das Parken kostet für 1 Woche unter 60 € liegt also im
bundesdeutschen Vergleich im unteren Drittel. Das Langzeitparkhaus
liegt dem Terminal E direkt gegenüber - sehr praktisch, denn es
regnet norddeutschen Nieselregen.
Das Programm der Bordkartenkontrolle hat durchaus die Qualität einer
daily-soap im Prekariatsfernsehen, denn dort wird tatsächlich
penibel auf Maße und Gewicht des Handgepäcks geachtet. Es spielen
sich dramatische Szenen ab, die Protagonisten sind die Zeitgenossen,
die weder Maßband noch Waage daheim ihr Eigen nennen oder einfach
nicht lesen können - oder wollen. Das Ganze hat durchaus
Unterhaltungswert und vertreibt die Zeit solange man sicher ist,
dass man nicht gleich in der soap mitspielen muss.
Vor dem Ausgang heißt es dann Schlage stehen, wobei hier doch
rechtzeitiges Erscheinen gute Plätze sichert, denn es gibt keine
Sitzplatzreservierung. Den wahlweise kostenpflichtigen "Priority-Check-In"
kann man sich durchaus schenken, denn der bedeutet lediglich, dass
die Priority-Schlange zuerst abgearbeitet wird und im Flieger schon
ein paar Plätze besetzt sind, macht aber nichts. Ich achte darauf, wo
sich die Familien mit Kleinkindern hinsetzen und habe sogar das
Glück, eine freie 3-er-Reihe zu erwischen, bingo, der Flieger ist
mal nicht ausgebucht. Aus den Tiefen des Trenchcoats zaubere ich ein
Paar Oropax heraus und schon steht dem ruhigen Flug nichts mehr im
Wege. Oropax dürfe so etwa das wichtigste Utensil im Billigflieger
sein, wie ich auf meiner Testreise feststellen durfte. Benehmen und
Lautstärke der geschätzten Mitreisenden entspricht durchaus dem
Preisniveau des Fluges. Die Nationalitäten der Passagiere sind bunt
gemischt, ich höre viel nord- und vor allem osteuropäisches
Sprachgewirr und natürlich deutsche Wortfetzen.
Zum Entern des Fluggerätes - eine ganz passabel
wirkende Boing 737- geht es per pedes über das Roll-Vorfeld,
wie zu guten alten Zeiten auf La Palma. Der befürchtete Ansturm mit
Wettrennen bleibt aus, es geht trotz freier Sitzplatzwahl
überraschend gesittet zu.
Fast nichts zu meckern soweit, die Werbung für Rubbel-Lose ist schon
abenteuerlich, zollfreie Waren werden auch bei AirBerlin angeboten,
Brötchen und Kaffee kosten weniger als ihre Verwandten im
Flughafenterminal. Toilettenbesuch ist kostenlos und die Crew ist
von indifferenter Nationalität und Freundlichkeit.
Das Fluggerät macht einen ordentlichen Eindruck, da habe ich mich
bei der Konkurrenz schon mit verranzterer Ausstattung und
durchgesesseneren Sitzen abfinden müssen. Die Kunstledersitze stehen
nicht enger als bei der Charterkonkurrenz, lassen sich allerdings
nicht nach hinten klappen. Also was soll`s? Und knapp 5 Std sind
keine Atlantiküberquerung.
Eine manierliche Landung -gefolgt von ohrenbetäubendem
Erleichterungs-Applaus- bringt uns auf spanischen Boden, die erste
Etappe ist geschafft.
Der Weiterflug nach La Palma gestaltet sich - natürlich je nach
Ankunftszeit- recht problemlos, im Internet kann auch schon der
Anschlussflug bei Binter gebucht werden. Auch die Bordkarte kann
einen Tag vor Abflug schon abgerufen werden. Die Preise liegen je
nach Status (resident - nichtresident) und Termin zwischen 20 € und
100 € pro Flug.
Und zurück geht´s genauso einfach, da habe ich mal die andere Variante probiert:
Morgens um 5:45 mit der Fred Olsen-Fähre von Santa Cruz La Palma nach Los Christianos, dort 500 m zum Busbahnhof (ich habe ja nur Handgepäck) und mit dem Bus 111 oder 343 zum Südflughafen.
Das Procedere zum Einchecken, Service und Gäste sind wie oben beschrieben, ich will Sie also nicht länger langweilen. Der Preis ist allerdings ein Skandal - 35 € !! Da ist die Fähre je nach Status bis zu 50 € schon teurer.